Ein Wohlgefühl für den Moment...
Ein liebevolles Wort zu hören, die Unterstützung bei einer alltäglichen Handlung zu bekommen, zusätzliche Geschmackserlebnisse zu erfahren oder einfach nur nicht allein zu sein: Menschen mit dementiellen Veränderungen und Menschen im Wachkoma bedürfen dieser Zuwendung in besonderem Maße. Die Alltagsbegleitung nach §87bAbs.3SGBXI ermöglicht ein erweitertes Betreuungsangebot für über fünfzig Bewohner des Hauses.
Mit einfühlsamem Engagement gestalten die drei geschulten Mitarbeiterinnen durch die zusätzliche Betreuung Freude und Hilfe in der besonderen Welt der Betroffenen.
Die schwierigen Lebenssituationen bringen neben den medizinischen Erscheinungen oftmals Traurigkeit, Angst und auch Wut mit sich. Ziel ist es, für eine Zeit in die Welt des Betroffenen einzutauchen und ihm dort auf der Gefühlsebene zu begegnen- in Kontakt zu treten, um ihm ein Wohlgefühl für den Moment zu schaffen. Diese besondere Herausforderung stellt sich immer wieder neu. Manch einer muss unbedingt nach Hause, weil der Mann gleich kommt, ein anderer weiß nichts mit dem Geschirr vor sich auf dem Tisch anzufangen und noch ein anderer wiederholt immer wieder die gleichen Sätze. Die Demenz zeigt sich in den unterschiedlichsten Formen, aber die begleitenden Gefühle ähneln sich vermutlich. Wer die Veränderungen bemerkt, bekommt vielleicht Angst oder wird wütend über das, was geht- über die Unsicherheit und das diffuse Empfinden. Vielleicht ist ein anderer glücklich in der Welt, an die er sich erinnert- festhalten kann und singt mit Freude die Lieder der Kindheit, die mit einem schönen Gefühl verbunden sind. Die Alltagsbegleiterinnen erreichen den Einzelnen in den mehrmals wöchentlich stattfindenden Angeboten ganz unterschiedlich. In Form von Einzel- und Gruppenangeboten strukturieren sie den Tag: Sie unterstützen beim Essen in den begleiteten Frühstücks- und Mittagsrunden, kochen, backen etwas Bekanntes, singen ein Lied, duzen auch schon mal in passender Situation, um eine Vertrautheit herzustellen oder schenken eine Umarmung.
Selbstgemachte Erinnerungskisten enthalten persönliche Gegenstände, die zu einem Gespräch einladen. Ruhige Momente finden sich in der Hauskapelle oder auch bei einem Gebet auf dem Wohnbereich. Die Bewohner des Wachkomabereichs erfahren insbesonders bekannte oder auch neue Geschmackserlebnisse durch die orale Stimulation. Vieles an Unterstützung ist denkbar und möglich. Kreativ und flexibel begegnen sie dem Einzelnen und vermitteln Freude und das Gefühl, nicht allein zu sein. Etwas zu schaffen- und wenn es etwas scheinbar Selbstverständliches - wie z.B. eine Mahlzeit ist und jemanden um sich zu haben, der sich zuwendet, gibt Kraft.
Die Alltagsbegleiterinnen selbst haben Austausch im Team Sozialdienst und auf dem Wohnbereich und bekommen in den jährlichen Fortbildungen Anregungen für ihre Arbeit.
Ich denke, auch wenn die Betroffenen sich vielleicht nicht erinnern, hilft ein gutes Gefühl für Momente die schwierige Lebenssituation etwas besser zu bewältigen.
Stephanie Mürmann
(Diplom-Sozialarbeiterin)